Die 50er Jahre – Teil 1

Im Juni 1955 wurde der Heimleitervertrag mit dem Ehepaar Wilhelm und Gerda Mewes abgeschlossen, das bis zum 31. Dezember 1956 die Jugendlichen im Wohnheim betreute.

Bernd Mewes, Neffe des ersten Heimleiters, dessen Vater Werner Mewes die Hausmeisterstelle neben seiner Berufstätigkeit versah, erinnert sich, dass es einmal recht großen Ärger mit der Stadt Dülken gab. Damals lebte Bernd Mewes mit seinen Eltern und Geschwistern vorübergehend im Jugendwohnheim.

jugendwohnheim 1955

Das Jugendwohnheim im Jahr 1955

Einige jugendliche Bewohner hatten, leicht alkoholisiert, die Kreuze, die den Weg der Fronleichnam-prozession kennzeichneten, entwendet und vor dem Jugendwohnheim aufgestellt. Schnell war die Polizei den jungen Tätern auf die Spur gekommen. Eine strenge Verwarnung durch den Heimleiter war die Folge.

Ebenfalls ist Bernd Mewes in Erinnerung geblieben, dass es im Speisesaal des Heims bereits ein Fernsehgerät gab. Zudem waren Motorräder einiger Bewohner der Hit. Mehrere Rennen der ‚jungen Wilden’ gehörten neben Kinobesuchen zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen.

Außerdem organisierte Wilhelm Mewes Ausflugsfahrten; Kurt Antelmann, der von 1955 bis 1960 in einem der Zweibettzimmer im Seitenflügel des Jugendwohnheims lebte, erinnert sich an diese Ausflüge, die Mewes organisierte. So sind ihm Fahrten mit dem Bus an die Bergstraße und nach Brüssel im Gedächtnis geblieben.

Kurt Antelmann lebte nach seiner Flucht aus der DDR zunächst in einem Sammellager bei Hannover. Als das Arbeitsamt Dülken dort Handwerker für die Stadt suchte, meldete sich der Bau- und Möbeltischler. Eine Woche später, im Juli 1955, konnte er bereits in das Jugendwohnheim einziehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Jungs war Antelmann bereits 21 Jahre alt und somit volljährig.

Morgens, so hat es Kurt Antelmann im Gedächtnis, machte Heimleiter Mewes stets einen Rundgang durch das Haus, um fest zustellen, wer z.B. krank sei und wer Schwierigkeiten hatte, sich auf den Weg zur Arbeit zu begeben. Zum Frühstück gab es Brot, Margarine, Marmelade und Wurst. Das Abendessen begann um 19.00 Uhr. Für eine Woche im Haus mit Vollverpflegung, Wäschereinigung und Bettenmachen und Putzen zahlte er DM 38.50.-.

Zu den beliebtesten Freizeitvergnügungen gehörten neben den Motorradrennen unbedingt Fußballspielen auf der Wiese vor dem Paulussaal. Gerne denkt Kurt Antelmann an die Besuche der Tanzabende in einem großen Holzbau im Dülkener Stadtgarten zurück. Eine Kapelle spielte dort bis in die Morgenstunden des Sonntags hinein. Und wenn der Freundeskreis in guter Stimmung und angeheitert nach Hause schlenderte, gab es schon mal Ermahnungen durch die ortsansässige Polizei. Ein Jahr nach der Eröffnung waren im Haus 48 Heimplätze belegt.

Zum 01. Januar 1957 übernahm Fritz Wollert den Posten des Heimleiters. Gemeinsam mit seiner Frau Wilma leitete Wollert bis zum 31.12.1958 das Haus. Überraschend kündigte Wollert bereits im Januar 1957 zum 28. Februar 1957 seine Stellung. In den ersten Arbeitswochen hatte er unüberwindbare Probleme zu erkennen geglaubt. Genannt wurden eine drohende Unterbelegung des Heims und vor allem die beständige zu schwere Belastung des Unternehmens. Diese ergab sich vor allem durch nicht rechtzeitig eingehende zugesagte öffentliche Gelder, so dass der Verein immer neue Kredite aufnehmen musste, um anstehende Zahlungen begleichen zu können.

Nachdem die Verwaltung und die Verantwortung der Heim-Geldmittel nicht mehr in alleiniger Hand des Heimleiters lagen – ein Kassenführer wurde dafür ernannt – nahm Heimleiter Wollert die Kündigung zurück.

Wie begründet allerdings die Befürchtungen im Hinblick auf eine Unterbelegung des Hauses waren, bestätigte die weitere Durchsicht der Vorstandsprotokolle. Etwa vom Juni des Jahres 1957 an, war von einer anhaltenden Unterbelegung und den daraus resultierenden entgangenen Einnahmen die Rede.

Mit den bestehenden Zinsbelastungen für die Kredite und den konsequent sinkenden Einnahmen wurde von diesem Zeitpunkt an immer von einer finanziellen Krise des Vereins gesprochen. Ein Platz im Hauptgebäude kostete im Herbst 1957 DM 5,50 und im Seitenflügel DM 5,70 statt wie bisher DM 5,00 bzw. DM 5,50 pro Tag.

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